Megatrends ohne Fluorpolymere nicht denkbar
Herr Dr. Schlipf, welche Rolle spielen Fluorpolymere bei den neuen Megatrends, wie E-Mobilität, 5G-Datenübertragung, Grüner Wasserstoff oder die Erfüllung der Ziele des “Green Deal“ der EU?
Fluorpolymere sind auf Grund ihres speziellen Eigenschaftsprofils die Basis für alle der genannten Megatrends: In Elektro-Autos werden sie vor allem in den Batterien, aber auch in der Elektronik als Funktions- sowie Sicherheitskomponenten verwendet. Die 5G-Datenübertragung erfolgt über Antennen die aus CCL, ‚Copper-cladded-laminates‘ aufgebaut sind, ein Composit aus Kupferfolie, PTFE- oder FEP-Folie, sowie PTFE-beschichtetem Glasgewebe. Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse von Wasser unter Verwendung von Strom aus Wind- oder Sonnenenergie erzeugt. Die Membranen in den Elektrolysezellen bestehen aus Fluor-Ionomeren. Der Ersatz fossiler Energieträger durch grünen Wasserstoff trägt maßgeblich zum Erreichen der Ziele des ‚Green Deal‘ bei.
Was bedeutet die geplante Beschränkung von PFAS (Fluorpolymere) in Deutschland/Europa für die Hersteller und Verarbeiter?
Hersteller von Fluorpolymeren in Europa reduzieren ihr Produktportfolio bzw. stellen die Produktion von Fluorpolymeren komplett ein. Die Hälfte der in Europa benötigten Fluorpolymere müssen dann zusätzlich importiert werden, wodurch die Abhängigkeit der in Europa positionierten Hochtechnologie von Importen aus dem Ausland drastisch zunimmt. Europa hat vergleichsweise hohe Sicherheits- und Umweltstandards für Produktionsanlagen. Die importierten Hochleistungswerkstoffe erreichen nicht in allen Belangen das hier gewohnte Qualitäts- und Reinheitsniveau. Durch die lokale Rohstoffverknappung wird ein Preisanstieg erwartet, der einen weiteren Wettbewerbsnachteil der europäischen Industrie nach sich ziehen wird.
Welchen Stellenwert hat Inspektions- und Sortiertechnologie aktuell bei der Herstellung und Verarbeitung von Fluorpolymeren?
Fluorpolymere werden vor allem in anspruchsvollen Anwendungen wie z. B. der Medizintechnik, der Halbleiterindustrie und der Hochfrequenztechnik sowie der Lebensmittel- und Getränkeindustrie eingesetzt. Für diese Anwendungen gelten die höchsten Ansprüche bezüglich Reinheit und Qualität. Fertigungsprozesse können sehr aufwändig sein; umso höher ist der Schaden im Falle kontaminierter Endprodukte. Deshalb spielt die Inspektions- und Sortiertechnologie vor der Verarbeitung des Granulats eine bedeutende Rolle.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Branche auch in Bezug auf die Reinheitsprüfung von Material?
Wir befinden uns derzeit in einer Phase überproportionalen Mengenwachstums an Fluorpolymeren. Ursache hierfür ist die Tatsache, dass die meisten innovativen Megatrends auf der Verwendung von Fluorpolymeren basieren. Da diese neuen Anwendungen hohe Anforderungen hinsichtlich Reinheit und Qualität an die Fluorpolymere stellen, ist schon jetzt abzusehen, dass sich qualitätssteigernde Fertigungsschritte wie die Reinheitsprüfung ebenso überproportional weiterentwickeln werden.
Herr Dr. Schlipf, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch.