Die Qualitätsstandards in der Kunststoffverarbeitenden Industrie steigen permanent an. Aus diesem Grund ist es erforderlich, das Kunststoffmaterial hinsichtlich unterschiedlicher Arten von Defekten zu inspizieren und zu analysieren, bevor es in das Endprodukt gelangt. Kontaminationen, Defekte oder Inhomogenitäten ab 50µm im Material müssen detektiert werden. Dies macht ein modulares Röntgenscanner und -analyse Gerät möglich, dass sowohl kontinuierlich in einem Produktionsnebenstrom als Onlineanalysegerät “at-line” als auch diskontinuierlich für Stichproben eingesetzt werden kann. Transparente, opake, farbige oder schwarze Pellets und Flakes sowie dicke, farbige Folien und Tapes werden damit zuverlässig inspiziert und analysiert. In Folge werden höchste Materialqualität und stabile Produktionsprozesse sichergestellt.
 

Einleitung: Steigende Qualitätsanforderungen und Herausforderungen in der Plastikindustrie
 

Für die industrielle Fertigung ist reines, fehlerfreies Kunststoffmaterial ein wichtiger Qualitätsaspekt. Aufgrund der stetig steigenden Anforderungen gilt es, immer kleinere Unregelmäßigkeiten und Verunreinigungen in Kunststoffen und Zwischenprodukten zu detektieren und zu überwachen. Verunreinigungen ab einer Größe von 50µm können Schäden in den Fertigungssystemen, wie beispielsweise am Spritzkopf des Extruders, Spritzgussmaschinen oder Endprodukten mit hohen Folgekosten verursachen. Ein Beispiel aus der Kabelindustrie: Für die Herstellung von Hochspannungs-Unterseekabeln ist die Verwendung von hochreinem, oder super reinem Material von entscheidender Bedeutung. Eine Verunreinigung des Kabels während der Produktion kann zu massiven Störungen führen [1], nachdem es tief unter dem Meeresspiegel verlegt wurde. Daraus resultierende Reparaturkosten können in Millionenhöhe liegen. Für die Kabelindustrie ist es wichtig insbesondere metallische Kontaminationen zu detektieren bevor das Material in der finalen Produktion verwendet wird. Neueste Normen und Standards, wie beispielsweise der chinesische Standard IEC 62067 (für 150 – 500kV) für Hochspannungskabel, fordern deshalb den Ausschluss von Verunreinigungen ab 75µm in den zu verarbeitenden Materialien [2]. Jedoch gelten diese Anforderungen nicht nur in der Kabelindustrie. Andere Bereiche wie die Medizin-, Rohr- und Schlauch- oder Automobilindustrien müssen ebenfalls die Qualität des verwendeten Materials überwachen und analysieren.
 
In den unterschiedlichen Prozessschritten zur Herstellung von Kunststoffprodukten können immer wieder Defekte oder Verunreinigungen entstehen. Dies betrifft die Prozesse der Material-, der Compound- und Masterbatchhersteller, der Verarbeiter, der Recycler und alle Beteiligten der Zulieferkette. Entsprechend ist es erforderlich, die Qualität des verwendeten Materials zu überwachen und zu kontrollieren bevor es weiterverarbeitet wird.
 
In Kunststoffverarbeitungsprozessen kann man viele verschiedene Arten möglicher Mängel finden, die in das Endprodukt eingehen. Diese verschiedenen Arten von Kontaminationen können visuelle sowie funktionale Auswirkungen auf das Endprodukt haben. Heutzutage stehen verschiedenste Systeme und Technologien zur Verfügung, um Material in Laboren oder während der Fertigung zu prüfen. Die meisten dieser Geräte basieren auf einer optischen Folieninspektion, bei der eine kleine Stichprobe als Folie extrudiert wird [3] [4] [5]. Jedoch stoßen diese optischen Inspektionssysteme für einige Anwendungen an ihre Grenzen:
 

  • Optische Inspektionssysteme, beispielsweise für Pellets, prüfen nur die Pelletoberfläche und können nicht das Innere der Pellets inspizieren. Das gilt insbesondere für opake und farbige Pellets.
  • Optische Folieninspektion ist nur anwendbar für transparente, dünne Folien. Farbige oder gar schwarze Pellets können nicht mittels eines Folieninspektions- und -analysesystems geprüft werden ohne erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen. Die einzige Möglichkeit farbiges Material mittels einer Folieninspektion zu prüfen, ergibt sich durch die Extrusion einer sehr dünnen Folie. Jedoch bedeutet dies, dass nur eine sehr geringe Menge an Pellets inspiziert werden kann. Daher sind die Ergebnisse von dünnen Folien Inspektionen nicht repräsentativ.

 

Aufgrund der Limitationen der heutigen optischen Inspektionssysteme, werden neue Lösungswege und Technologien benötigt, um die Bedürfnisse der Kunststoffindustrie voll und ganz zu befriedigen.
 
Mit neuen Röntgenprüftechnologien und Methoden können produktionsrelevante Parameter, wie z.B. Inhomogenitäten, Verunreinigungen und Defekte, Materialunterschiede, Kreuzkontaminationen etc., analysiert werden.
 

Röntgentechnologie zur Inspektion und Analyse von Kunststoffpellets oder farbigen, dicken Folien
 

Durch die Röntgentechnik werden sowohl transparente als auch intransparente Werkstoffe auf Verunreinigungen inspiziert. Grundlegendes Prinzip ist das unterschiedliche Dämpfungsverhalten von Werkstoff und Verunreinigung, beziehungsweise Fehlern. Die Dämpfung (µ) der Röntgenstrahlung wird maßgeblich durch die Kernladung der Elemente bestimmt, als auch durch die Dicke des zu inspizierenden Materials [6]. Sie ist proportional zur Atomzahl hoch drei (µ~Z3).
 
Kunststoffe bestehen hauptsächlich aus Kohlenstoff (Z=6). Daher haben sie nur eine sehr geringe Dämpfung. Eine im Vergleich dazu stark dämpfende Eisenkontamination (Z=26) wird somit deutlich erkannt. Auch ein Additiv wie zum Beispiel Titandioxid beeinflusst die Dämpfung. Titandioxidagglomerate heben sich in der Dispersion signifikant vom umgebenden Material ab. Ermöglicht wird dies, da das Titan (Z=22) im Titandioxid einen starken Kontrast zum Kunststoff aufweist.
 
Mit einem speziell entwickelten Röntgenkamerasystem ist es möglich, Verunreinigungen oder Defekte während einer kontinuierlichen und diskontinuierlichen Inspektion sowie bei einer Folieninspektion zu erfassen. In einem Produktionsnebenstrom kann so online die Qualität des Hauptstroms kontinuierlich überwacht werden. Röntgenkameras nehmen Bilder von den Kunststoffpellets oder von der Folie auf, die dann durch mathematische Algorithmen verarbeitet werden. Die unterschiedliche Dämpfung, sogar für Kontaminationen ab einer Größe von 50µm, wird von den mathematischen Algorithmen klar erfasst. Durch die Verbindung der analytischen Ergebnisse der mathematischen Algorithmen, erkennt das System deutlich z.B. Kontaminationen in Kunststoffpellets.
 
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Bild 1 Die Röntgenanalyse zeigt zwei Kontaminationen innerhalb eines runden Werkstoffs
 

Weitere Möglichkeiten durch Röntgen zur Überwachung und Optimierung der Materialbeschaffenheit und Qualität
 

Die Produktionsabläufe in der Kunststoffindustrie sind komplex. Verschiedene Materialien werden vermischt, um unterschiedliche Endprodukte zu erhalten. Dabei gibt es viele Quellen für Kontaminationen und andere Mängel, die in das Produkt eindringen können. Röntgentechnologie detektiert nicht nur metallische Verunreinigungen in Kunststoffpellets sondern gibt auch Informationen zu der Beschaffenheit des gesamten Produktionsverfahrens. Mit Röntgen ist es beispielsweise möglich, Kreuzkontaminationen von verschiedenen Plastikmaterialien in einem Produktionsablauf zu identifizieren. Diese Kreuzkontamination ist deutlich sichtbar, sogar wenn ein Kunststoffpellet dieselbe Farbe hat, allein aus dem unterschiedlichen Dämpfungsverhalten (Bild 2). Ein klarer Vorteil der Röntgentechnologie ist dessen Unabhängigkeit von Farbe.
 
Pic_2_Different_pellet_type_visible
Bild 2 Unterschiedliches Material ist durch höhere Röntgendämpfung sichtbar

Weitere Tests zeigen, dass auch die Detektion von organischen Kontaminationen möglich ist, wobei es sich in diesem Beispiel (Bild 3) um ein Stück Gewebe sowie eine kleine metallische Verunreinigung gehandelt hat. Man kann außerdem deutlich erkennen, dass eines der Pellets ein Luftloch im Inneren aufweist. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass einige Produktionsparameter angepasst werden müssen.
 
Pic_3_Vacuoles_metallic_organic_contamination
Bild 3 Hohlräume, metallische- und organische Verunreinigungen
 

Röntgentechnik kann ebenso für die Detektion von Additivagglomeraten in Pellets angewendet werden. Das folgende Beispiel zeigt Polyethylen mit Titandioxid. Mit der Röntgentechnik konnten Partikel von Titandioxidagglomerate im Inneren der Plastikpellets nachgewiesen werden (Bild 4). Diese Agglomerate können in der nächsten Produktionsstufe, bei der Weiterverarbeitung dieser Pellets zur Herstellung der Endprodukte zu großen Problemen führen.
 
Pic_4_Agglomerates
Bild 4 Inhomogenitäten/Agglomerate im Inneren der Pellets
 

Eine weitere mögliche Analyse ist die Ermittlung des korrekten Verschäumungsgrades, dies kann durch das Röntgen der entsprechenden Pellets nachgewiesen werden. Im Gegensatz hätte eine optische Inspektion der Pellets zu der Information geführt, alle Pellets seien einwandfrei. Ein fehlerhafter Verschäumungsgrad der Pellets führt jedoch zu erheblichen Mängeln im Endprodukt, dies kann durch den Einsatz von Röntgen vermieden werden.
 
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Bild 5 Fehlerhafter Verschäumungsgrad im Inneren des Pellets
 

In einem weiteren Test wurden schwarze Pellets mit verschiedenen metallischen Kontaminationen verwendet, um die Effizienz der Röntgentechnologie nachzuweisen. In Bild 6 sind verschiedene schwarze PE Pellets sichtbar. In diesen Pellets wurden deutlich Kontaminationen von 50µm oder 100µm erkannt.
 
Pic_6_Metallic_contamination_in_black_pellets
Bild 6 Metallische Kontaminationen in schwarzen Pellets
 

Mit der Röntgenanalyse können außerdem mögliche Verunreinigungen in Flakes ermittelt werden. Das folgende Bild zeigt kleine und erhebliche metallische Kontaminationen in Flakes (Bild 7). Die Erstellung solch detaillierter Ergebnisse wäre mit der optischen Analyse nicht möglich, da die Flakes reflektieren und somit die Bildanalyse einer optischen Kamera stören würden. Mit dem Röntgenanalysesystem ist es möglich metallische Kontaminationen zu detektieren sowie die Größe zu klassifizieren. Aufgrund dieser Informationen ist es möglich, die Qualität der Flakes zu ermitteln.
 
Pic_7_Flakes
Bild 7 Metallische Kontaminationen in Flakes
 

Dasselbe Prinzip kann für die Inspektion und Analyse von farbiger, dicker Folie angewendet werden. Wie bereits erwähnt, wird für die optische Folieninspektion transparente, dünne Folie benötigt und ist somit für eine Inspektion und Analyse wie in Bild 8 dargestellt nicht anwendbar. In diesem Beispiel ist die Folie von dunkler Farbe und mehrere Millimeter dick. Ein Röntgenanalysesystem kann kleinste Kontaminationen in der Folie erfassen und ist in der Lage, Informationen bezüglich des Verunreinigungsgrades des Gesamtmaterials zu geben.
 
Pic_8_Film
Bild 8 Kontaminationen in farbigen, dicken Folien
 

Fazit

 
Die Qualitätsanforderungen in der Kunststoffherstellung nehmen kontinuierlich zu. Verunreinigungen, Inhomogenitäten und jegliche weitere Mängel müssen erfasst und analysiert werden. Sogar die kleinste Verunreinigung muss heute bereits während der Produktion detektiert werden. Die Röntgentechnologie ermöglicht es, Kontaminationen ab 50µm zu erfassen.
 
Aufgrund von unterschiedlichen Inspektions- und Analyseanforderungen ist ein Modulkonzept für die Geräte nötig. Solche Geräte können entweder als diskontinuierlicher Laborscanner für Pellets und Flakes eingesetzt werden oder als kontinuierliches Qualitätsüberwachungsgerät in einer Produktionslinie. In diesem Fall, ist das Gerät als „at line“ Qualitätskontroll und -analyse Gerät installiert und kann zur Inspektion von Pellets als auch Flakes eingesetzt werden. Das folgende Bild veranschaulicht das Modulkonzept eines Röntgenscanners und -analyse Geräts.
 
Pic_9_transport_system
Bild 9 Röntgenscanner und -analyse Gerät mit Transportsystem für einen kontinuierlichen Inspektionsfluss (z.B. “at-line”)
 
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Bild 10 Röntgenscanner und -analyse Gerät für Folien und Tape Inspektion
 
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Bild 11 Röntgenscanner und -analyse Gerät für diskontinuierliche Inspektion und Analyse – Stichproben (Pellets, Flakes, etc.)
 
Das Konzept ist für verschiedene Materialarten anwendbar, z.B. TPE, TPU, etc., sowie jedes farbige Masterbatch oder Recyclingprodukt. Die Detektion ist unabhängig von der Farbe des Pellets oder der Farbe und Dicke der Folie oder des Tapes. Dadurch kann die Qualität laufend überwacht und somit erheblich verbessert werden.
 

Quellenverzeichnis
 
1. Mr. Omar Monajjed, High Voltage Technical Manager, LIBAN CABLES – NEXANS, Lebanon, Effect of impurities on electric field distribution in HV XLPE insulation, Polymers in Cables 2014, Philadelphia, USA
2. J. Kjellqvist, K.P. Pang, S. Miao, Dow Europe GMBH, Horgen, Switzerland, Dow Chemical (China) Co. Ltd., Shanghai, China, Performance Requirements to Assure Reliable HV and EHV Cables, China International Conference on Electricity Distribution (CICED 2010) Nanjing (20-23 Sep. 2010)
3. Tomra demonstrates optical sorter, https://www.plasticsnews.com/article/20131030/NEWS/131039997/tomra-demonstrates-optical-sorter#, (10/2013)
4. Laura Tarrach, OCS GmbH, Pellet Scanning in “Free Fall”, Kunststoffe international (12/2010)
5. Satake, Pellet Sorter PCS600PFD, https://www.satake-usa.com/images/Pellet_Sorter_Brochure.pdf (2014)
6. Robert Fosbinder, Denise Orth, Lippincott Williams & Wilkins, Essentials of Radiologic Science (01.02.2011)